Aktuelles
29.04.2015
Scheidung und Anerkennung
1. Scheidung in der Türkei
In der Türkei kann eine einvernehmliche Scheidung wegen Zerrüttung nach Artikel 166 türkisches Zivilgesetzbuch sehr schnell bewirkt werden. Oft liegen nur wenige Tage zwischen Klageerhebung und Urteil. Das setzt natürlich voraus, dass schon im Vorfeld alle eventuellen Streitpunkte geklärt wurden. Die Rechtskraft tritt sofort ein, wenn die Parteien auf Rechtsmittel verzichten, ansonsten beginnt die Rechtsschutzfrist mit dem Tag der Zustellung.
2. Anerkennung eines türkischen Scheidungsurteils für den deutschen Rechtsbereich
Einer Entscheidung, durch die die Ehe eines Deutschen im Ausland geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt worden ist, kommt im Inland erst dann Wirkung zu, wenn die zuständige deutsche Landesjustizverwaltung gemäß Artikel 7 § 1 des Familienrechtsänderungsgesetzes (FamRÄndG) vom 11. August 1961 (BGBl. I S. 1221) festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Auch der in einem ausländischen Scheidungsurteil eventuell ergangenen Sorgerechtsentscheidung für ein minderjähriges Kind kommt für den deutschen Rechtsbereich nur dann rechtliche Wirkung zu, wenn die förmliche Anerkennung der Ehescheidung erfolgt ist.
Ausgenommen hiervon sind Entscheidungen in Ehesachen durch Gerichte und Behörde von EU-Staaten (außer Dänemark), wenn das Verfahren nach dem 28.02.2001 (in den EU-Beitrittsländern: 30.04.2004) eingeleitet worden ist. Ist das Verfahren vor dem 01.03.2001 (in den EU-Beitrittsländern: 01.05.2004) eingeleitet worden, so ist eine Anerkennung auch dann nicht erforderlich, wenn eine Bescheinigung des Gerichts oder der Behörde nach Art. 39 (Anhang I) der EG-Verordnung Nr. 2201/2003 oder nach Art. 33 (Anhang IV) der EG-Verordnung Nr. 1347/2000 vorliegt.
Ein Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen ist bei der Justizverwaltung bzw. beim zuständigen Oberlandesgericht des deutschen Bundeslandes zu stellen, in dem einer der früheren Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die entsprechenden Adressen finden Sie auf der Homepage der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin (siehe Download- und Linkliste am Ende des Textes). Hat keiner der früheren Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so ist der Antrag bei der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin, D-10825 Berlin, Salzburger Str. 21/25, zu stellen.
Das entsprechende Antragsformular finden Sie in der als Download am Ende dieses Abschnitts. Den Antrag können Sie bei jedem deutschen Konsulat, Generalkonsulat oder der Botschaft in der Türkei einreichen (Gebühren: 20,- Euro für die Unterschriftsbeglaubigung und 10,- Euro für die Beglaubigung einer Passkopie).
* Antrag Anerkennung ausländische Ehescheidung
Dem vollständig ausgefüllten Formular sind folgende Unterlagen beizufügen:
* Vollständige Ausfertigung oder beglaubigte Ablichtung der ausländischen Entscheidung mit Rechtskraftvermerk (soweit dieser erteilt wird) und möglichst mit Tatbestand und Entscheidungsgründen und Apostille
* Grundsätzlich die Heiratsurkunde der aufgelösten Ehe
* Nachweis der Staatsangehörigkeit (z. B. durch beglaubigte Passkopien der geschiedenen Ehegatten)
* Von einem anerkannten Übersetzer angefertigte Übersetzungen sämtlicher fremdsprachiger Schriftstücke; lediglich der Übersetzung englischsprachiger Unterlagen bedarf es grundsätzlich nicht
* Bescheinigung über den Verdienst/das Einkommen des Antragstellers
* Schriftliche Vollmacht, falls der Antrag durch einen Bevollmächtigten gestellt wird
Das Anerkennungsverfahren ist gebührenpflichtig und zeitaufwändig. Die Höhe der Gebühren und weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin
http://www.berlin.de/sen/justiz/struktur/a2_ausl_scheidg_hinw.html
Die Anerkennungs- wie auch die Nichtanerkennungsfeststellung der Landesjustizverwaltung bindet alle Gerichte und Verwaltungsbehörden in Deutschland. Mit Anerkennung der ausländischen Ehescheidung gilt die Ehe auch für den deutschen Rechtsbereich - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der ausländischen Entscheidung - als geschieden.
3. Anerkennung eines deutschen Scheidungsurteils für den türkischen Rechtsbereich
Auch ein Scheidungsurteil, das in Deutschland ergangen ist, muss in der Türkei anerkannt werden, damit es dort rechtswirksam wird.
Zur Anerkennung eines deutschen Scheidungsurteils für den türkischen Rechtsbereich: Das deutsche Urteil muss durch den Beschluss eines türkischen Gerichtes anerkannt werden. Dieses Verfahren hat gewöhnlich fast den Charakter eines zweiten Scheidungsverfahrens. Gemäß Art. 58 des Gesetzes Nr. 5718 über das intern. Privat- und Zivilverfahrensrecht werden Urteile von ausländischen Gerichten in der Türkei anerkannt. Sollte eine solche Anerkennung nicht stattfinden, haben ausländische Urteile keine rechtliche Wirkung türkische Behörden betreffend; z.B. kann die Scheidung nicht beim türkischen Personenstandsamt registriert werden und die Person gilt weiterhin als verheiratet:
Zuständig für die Anerkennung eines Urteils sind jeweils die Familiengerichte bzw. die erstinstanzlichen Zivilgerichte am Wohnort oder am letzten Wohnort. Ausländer können zwischen den Familiengerichten in Ankara, Istanbul oder Izmir wählen.
Der Antrag kann durch die Betroffenen selbst oder durch einen beauftragten Anwalt persönlich gestellt werden. In der Regel werden von den Betroffenen zwei Anwälte beauftragt. Der eine Anwalt stellt den Antrag auf Anerkennung, der andere stimmt dem zu, in solchen Fällen dauert das Verfahren 5 bis 10 Tage. Um Missbrauch vorzubeugen, sollte der Ausländer lediglich eine Vollmacht zur Anerkennung des Scheidungsurteils durch ein türkisches Gericht („Türk mahkemesinde tenfizi“) erteilen und eine andere Verwendung ausschließen („bu vekalet başka bir amaçla kullanılamaz“).
Hält sich einer der Betroffenen in der Türkei auf und spricht persönlich bei Gericht vor bzw. kann befragt werden, benötigt lediglich der Nichtanwesende einen Anwalt, auch in solchen Fällen ist die Verfahrensdauer wie oben angegeben.
Sollte der ausländische Ehepartner keinen Anwalt bevollmächtigen, kann der türkische Ehepartner (wie oben angegeben, selbst oder über einen Anwalt) den Antrag stellen. Das Anerkennungsverfahren wird daraufhin eröffnet und das Gericht teilt dem ausländische Ehepartner per Zustellung an seine ausländische Adresse mit, dass er/sie oder ein bevollmächtigter Anwalt zum angegebenen Termin erscheinen soll, oder die Anerkennung wird in Abwesenheit erfolgen. Sollte weder der Ausländer noch ein bevollmächtigter Anwalt erscheinen, werden durch das Gericht Zeugen gehört und aufgrund des vorliegenden ausländischen Scheidungsurteils (übersetzten und beglaubigte Kopie erforderlich) der Anerkennungsbeschluss (tenfiz karari) gefasst. In einem solchen Fall dauert das Verfahren 5 bis 6 Monate.
Sollte die Ladung des Gerichts nicht zugestellt werden können (unbekannt verzogen usw.), muss gemäß dem türk. Zustellungsgesetz die Ladung veröffentlicht werden. Erst dann kann das Gericht das Urteil anerkennen. Bevor der Anerkennungsbeschluss in solch einem Fall rechtskräftig wird, muss er ebenfalls veröffentlicht werden. In diesem Fall ist mit einer Verfahrensdauer von wenigstens 1 Jahr zu rechnen.
Gegen den Anerkennungsbeschluss können Rechtsmittel eingelegt werden.
Nach türkischem Recht tritt die Rechtswirkung eines deutschen Scheidungsurteil in der Türkei ab dem Datum ein, an dem die türkische Anerkennungsentscheidung Rechtskraft erlangt.
Quelle: Deutsches Generalkonsulat
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